Still und heimlich: Tabuthema Inkontinenz – Wie Betroffene in Freiberg Unterstützung finden

Freiberg – Ein leises Thema, das viele betrifft, aber kaum jemand anspricht: Inkontinenz. Während die Freiberger Altstadt lebendig und geschäftig wirkt, gibt es zahlreiche Menschen, die im Alltag mit der Angst vor einem „Missgeschick“ kämpfen. Doch in Freiberg gibt es Hilfe – und Hoffnung.


„Es hat mein Leben verändert“

Sabine L., 62 Jahre alt, hat sich lange nicht getraut, über ihre Blasenschwäche zu sprechen. Wir treffen sie in einem kleinen Café in der Nähe des Freiberger Doms. „Es fing nach der Geburt meines dritten Kindes an“, erzählt sie. „Zuerst dachte ich, das sei normal, aber es wurde schlimmer.“

Sabine lebte jahrelang mit ihrer Inkontinenz, ohne sich Hilfe zu holen. „Ich habe soziale Treffen gemieden und bin immer nur an Orte gegangen, wo ich sicher war, dass es eine Toilette gibt.“ Erst als sie in der Apotheke eine Broschüre über Beckenbodentraining fand, wagte sie den ersten Schritt.


Warum Inkontinenz ein Tabuthema bleibt

Inkontinenz betrifft Millionen Menschen, doch Scham und gesellschaftliche Vorurteile führen dazu, dass viele Betroffene schweigen. „Es gibt eine große Unsicherheit“, erklärt Dr. Katharina M., Urologin an der Bergstadt Klinik in Freiberg. „Patienten schämen sich, darüber zu sprechen, und warten oft zu lange, bevor sie sich Hilfe suchen.“

Dabei ist die Krankheit keineswegs selten. Inkontinenz kann Männer und Frauen jeden Alters treffen, sei es durch Schwangerschaft, Alter, Operationen oder neurologische Erkrankungen. „Je früher man das Problem anspricht, desto besser sind die Chancen auf eine Verbesserung“, betont Dr. M.


Unterstützung in Freiberg

Die Bergstadt Klinik hat eine spezielle Sprechstunde für Inkontinenz eingerichtet, die sowohl körperliche als auch psychologische Unterstützung bietet. Hier können Betroffene nicht nur ihre Beschwerden diagnostizieren lassen, sondern auch individuelle Behandlungspläne erhalten.

„Es geht darum, die Ursachen zu verstehen“, erklärt Dr. M. „Manchmal reicht schon gezieltes Beckenbodentraining, in anderen Fällen sind Medikamente oder sogar Operationen nötig.“

Neben der Klinik gibt es auch in Freiberg niederschwellige Angebote, wie das regelmäßige Beckenbodentraining im lokalen Fitnessstudio oder die Selbsthilfegruppe „Lebensmut“, die sich einmal im Monat im Gemeindezentrum trifft.


Alltagshilfen für Betroffene

Während wir durch die Altstadt schlendern, zeigt Sabine mir, wie sie ihren Alltag mittlerweile meistert. „Ich habe gelernt, dass ich nicht perfekt sein muss“, sagt sie lächelnd. Sie nutzt moderne Inkontinenzprodukte, die ihr Sicherheit geben, und hat ihre Ernährung angepasst, um ihre Blase zu entlasten.

Ein weiterer Lichtblick war die Unterstützung durch ihre Familie. „Ich habe endlich mit meinem Mann darüber gesprochen, und er war unglaublich verständnisvoll. Das hat mir so viel Druck genommen.“


Den Mut finden, offen zu sein

Die größte Herausforderung bleibt jedoch, das Thema in der Öffentlichkeit anzusprechen. Freiberg hat hier erste Schritte gemacht. Im Rahmen des „Gesundheitstags Freiberg“ gab es kürzlich einen Vortrag zum Thema Blasengesundheit, der überraschend gut besucht war.

„Es war befreiend zu sehen, dass ich nicht allein bin“, erzählt Sabine. „Da waren junge Mütter, ältere Damen, sogar Männer – alle mit ähnlichen Problemen.“

Auch Apotheken in Freiberg tragen dazu bei, das Tabu zu brechen. „Wir beraten diskret und ohne Vorurteile“, sagt die Inhaberin der Apotheke am Obermarkt. „Viele sind überrascht, wie viele Möglichkeiten es gibt.“


Hoffnung und Lebensqualität zurückgewinnen

Sabine hat heute keine Angst mehr, ihre Geschichte zu teilen. „Es ist nicht leicht, aber es lohnt sich. Ich habe mein Leben zurück.“ Sie ermutigt andere Betroffene, den ersten Schritt zu wagen, sei es durch ein Gespräch mit dem Arzt, den Besuch einer Selbsthilfegruppe oder den Austausch mit anderen Betroffenen.

In Freiberg zeigt sich, dass eine unterstützende Gemeinschaft und medizinische Angebote den Unterschied machen können. Das Tabuthema Inkontinenz mag still und heimlich sein, aber mit jedem Gespräch, jedem Artikel und jeder Initiative wird das Schweigen ein Stück mehr gebrochen.


Ein Blick in die Zukunft

Freiberg plant, das Thema weiter in den Fokus zu rücken. Ein spezielles Präventionsprogramm an Schulen soll junge Menschen für Beckenbodengesundheit sensibilisieren, während die Bergstadt Klinik ihre Angebote ausbauen möchte.

In einer Stadt, die für ihre Bergbautradition bekannt ist, entsteht ein neues Verständnis für das, was wahre Stärke bedeutet: den Mut, über schwierige Themen zu sprechen und Hilfe anzunehmen. Sabine ist ein lebendiges Beispiel dafür, dass Offenheit der erste Schritt zur Heilung ist.

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